Kulturausschuss beschließt Überbrückungsfinanzierung als Hilfsfonds für KünstlerInnen

Kultur

Unbürokratische Auszahlungen ab Juli

Kulturausschuss beschließt Überbrückungsfinanzierung als Hilfsfonds für KünstlerInnen

11. Jun. 2020 | Wien

Ein weiteres COVID-19-Gesetz wurde heute vom Kulturausschuss einstimmig gebilligt. Mit einem Initiativantrag haben Abgeordnete von ÖVP und Grünen die Schaffung eines Hilfsfonds für selbstständige KünstlerInnen initiiert. Das 22. COVID-19-Gesetz bildet den gesetzlichen Rahmen für die Überbrückungsfinanzierung für Künstlerinnen und Künstler. Die näheren Details wird eine Verordnung des Bundesministers für Kunst und Kultur festlegen. Die Abwicklung der Anträge an den Fonds soll die Sozialversicherung der Selbständigen (SVS) übernehmen.

Auf der Tagesordnung standen auch Anträge der SPÖ und der NEOS. Die SPÖ-Abgeordneten unterstreichen die Forderung nach stärkerer Unterstützung von Kunst und Kultur in der COVID-19-Krise mit drei Entschließungsanträgen, die alle abgelehnt wurden. Sie wollen umfassende Investitionen zur Sicherung des Kulturlandes Österreich. Die NEOS halten ein Satellitenkonto Kultur bei der Statistik Austria für eine evidenzbasierte Kulturpolitik für notwendig. Dieser Antrag wurde mit dem Hinweis, dass eine solche Datenerhebung bereits in Planung sei, von den Koalitionsfraktionen vertagt.

22. COVID-19-Gesetz: Selbständige KünstlerInnen sollen Überbrückungsfinanzierung erhalten

Mit einem Initiativantrag haben die ÖVP-Kultursprecherin Maria Großbauer sowie die Grüne Kultursprecherin Eva Blimlinger ein 22. COVID-19-Gesetz zur Errichtung eines Fonds zur Unterstützung selbständiger KünstlerInnen in Höhe von 90 Mio. € angestoßen (589/A). Das neue Förderprogramm trägt den Titel "Überbrückungsfinanzierung für Künstlerinnen und Künstler". Um dem neuen Fonds Rechnung zu tragen, soll auch das COVID-19-Förderungsprüfungsgesetz geändert werden.

Die näheren Regelungen zur Antragstellung sowie zu Berechnung und Dauer der Förderung müssen mit einer Verordnung des Bundesministers für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport festgelegt werden. Die Abwicklung des Förderprogramms soll die Sozialversicherung der Selbständigen (SVS) übernehmen, die sich zur Durchführung dieser Aufgabe auch geeigneter anderer Rechtsträger bedienen kann. Weitere Bestimmungen des Gesetzesantrags betreffen die für die Ermittlung der Zuschusshöhe und zum Zweck der Identitätsfeststellung notwendigen Daten, die Datenübermittlung sowie eine Gebühren- und Abgabenbefreiung von Rechtsgeschäften, Schriften und Amtshandlungen, die zur Durchführung des Bundesgesetzes notwendig sind.

Die Vollziehung des Gesetzes soll dem Bundesminister für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung obliegen. Vorgesehen ist außerdem, dass das Gesetz mit 31. Dezember 2022 außer Kraft tritt.

Klare Zustimmung zum Fonds kam von den Abgeordneten der Koalition. Hermann Weratschnig (Grüne) und ÖVP-Kultursprecherin Maria Großbauer erhoffen sich rasche Hilfe für eine Gruppe, die von der Krise besonders betroffen sind.

FPÖ-Kultursprecher Volker Reifenberger begrüßte den Initiativantrag, drängte aber auf eine rasche Erarbeitung der Richtlinie, die zur Umsetzung des Fonds notwendig sei.

Die SPÖ stimmte dem Antrag zwar letztlich zu, ihr Kultursprecher Thomas Drozda brachte aber zuerst einen Abänderungsantrag ein, in dem er unter anderem eine Ausweitung des BezieherInnenkreises forderte. Durch die Beschränkung auf Selbstständige sei der Fonds nicht für alle Kulturschaffende zugänglich, zudem müsse der monatliche Betrag von 1.000 € auf die aktuelle Schwelle für Armutsgefährdung angehoben werden, sagte Drozda. Sonja Hammerschmid und NEOS-Kultursprecher Josef Schellhorn äußerten die Befürchtung, dass eine andere Organisation als der SVS letztlich die Abwicklung übernehmen werde.

Die Kultursprecherin der Grünen Eva Blimlinger sagte, dass für die zweite Phase noch nicht ausgezahlte Mittel des KSVF all jenen zugutekommen sollen, die bisher nicht in anderen Fonds berücksichtigt wurden. Die Richtlinien für den Überbrückungsfonds würden auf Wunsch der Grünen gemeinsam mit dem Wissenschaftsministerium verhandelt, da dort Expertise zu den Kunstuniversitäten vorhanden sei.

Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer zeigte sich erfreut, dass mit der Einrichtung des Fonds freischaffenden KünstlerInnen rasch geholfen werden kann. Die Richtlinie zum NPO-Fonds sei vor Fertigstellung, die Arbeit an der Richtlinie für den neuen Überbrückungsfonds auf einem guten Weg. Sie hoffe daher, dass damit für den NPO-Fonds Auszahlungen bereits im Juni, für den neuen Fonds ab Juli möglich sein werden. Was die Abwicklung der Überbrückungshilfe angehe, so habe SVS bereits angekündigt, dass er die Abwicklung selbst übernehmen wolle, betonte die Staatssekretärin. Mit dem Fonds könne man bis zu 15.000 Personen erreichen, die beim SVS versichert sind. Damit, dass nur das Vorliegen einer "Notlage" für die Antragstellung geltend gemacht werden müsse, seien die Anspruchsberechtigungen erweitert worden. Wer Künstler oder Künstlerin sei, unterliege dabei der Eigendefinition, erläuterte die Staatssekretärin.

SPÖ: Umfassender Rettungsschirm für das österreichische Kulturleben notwendig

Die für Kulturagenden in der SPÖ-Fraktion zuständigen Abgeordneten Thomas Drozda und Katharina Kucharowits fordern ein umfassendes und langfristiges Investitionsprogramm für KünstlerInnen, Kulturinstitutionen und Unternehmen der Kreativwirtschaft in der Höhe von einer Milliarde Euro für die nächsten drei Jahre (541/A(E)). Ziel müsse es sein, die langfristige Existenz des Kulturlandes Österreich und seiner Kreativen zu sichern. Drozda und Kucharowits fordern mit einem Entschließungsantrag zudem einen umfassenden Rettungsschirm für den Kulturbereich inklusive der Kulturvermittlung, für Kulturinstitutionen und die Kreativwirtschaft, da aus ihrer Sicht nachhaltiger Schaden für das Kulturland Österreich drohe. Ein Maßnahmenpaket für Kulturinstitutionen solle außerdem die Wiederaufnahme eines lebendigen und vielfältigen kulturellen Lebens in Österreich unterstützen (591/A(E)). Die beiden Anträge wurden neben der SPÖ nur von den NEOS unterstützt und damit abgelehnt.

Für SPÖ-Kultursprecher Thomas Drozda ist die Kompensation von Einnahmenausfällen aufgrund der COVID-19-Maßnahmen nach wie vor ein ungelöstes Thema. Die bisher eingerichteten Fonds und die verschiedenen Einzelmaßnahmen seien hier nicht ausreichend, meinte er. Innerhalb der nächsten Wochen und Monate werde die Finanzlage für viele kleine Theater und Kulturorganisationen, aber auch für die großen Kultureinrichtungen des Bundes kritisch, eine Lösung sei dringend erforderlich. Seine Fraktionskollegin Sonja Hammerschmid ergänzte die Ausführungen Drozdas mit dem Hinweis auf den großen Kreativsektor, der weiterhin nicht von den Unterstützungen erfasst werde.

Ähnlich sieht es NEOS-Kultursprecher Josef Schellhorn. Eine "Kulturmilliarde" als längerfristiges Investitionsprogramm sei unerlässlich, zumal das Kunst- und Kulturbudget keine Antworten auf die Krise gebe. Für teilweise berechtigt sah FPÖ-Kultursprecher Volker Reifenberger die SPÖ-Forderungen. Anderes könne man nicht mittragen, etwa den Wunsch, dass Förderungen grundsätzlich nicht zurückzuzahlen seien. FPÖ-Abgeordneter Hermann Brückl fügte hinzu, die Forderungen der SPÖ würden auf ein Gießkannenprinzip hinauslaufen, das seine Fraktion ablehne.

Klare Ablehnung der SPÖ-Forderungen signalisierte Hans Stefan Hintner (ÖVP). Die Forderungen der SPÖ seien durch ein ganzes Bündel von Maßnahmen der Bundesregierung weitgehend umgesetzt. Zudem gelte das Subsidiaritätsprinzip, der Bund solle nicht Förderungen übernehmen, die den Ländern obliegen. Hermann Weratschnig argumentierte, abgegolten müsse der tatsächliche Finanzbedarf. Auch die Grüne Abgeordnete Sibylle Hamann sah die Maßnahmen, die die SPÖ fordert, als umgesetzt oder in Vorbereitung. Investitionen in Kunst und Kultur seien Teil der Verhandlungen über ein umfangreiches Konjunkturpaket, welche die Koalition derzeit führe. Geplant seien Mittel für Sanierungen, eine Sonderförderung Film, die Erhöhung der Basisabgeltungen und ein Denkmalbonus für Orts- und Stadtkerne.

Staatssekretärin Andrea Mayer hielt fest, dass Kunst und Kultur auf der Agenda der Bundesregierung weit oben stehen. Sie habe auch Schritte gesetzt, damit die Bundeskulturinstitutionen liquide bleiben. Auch Entlassungen konnten vermieden werden, unterstrich sie. Der grundsätzliche Anspruch der Bundesregierung laute: "Niemand zurücklassen". Daran werde intensiv gearbeitet. Ihr Ressort sei bereits in Verhandlungen mit dem Finanzminister über Mittel zur Kompensation von Einnahmenausfällen. Man habe bereits 50 Mio. € an Förderungen vorgezogen, die Verlags- und Filmförderung sowie den Musikfonds erhöht und führe laufend Gespräche, um den Bedarf zu erheben. Sie setze dabei große Hoffnungen in das Investitionsprogramm, das in der Regierung gerade verhandelt werde.

Die SPÖ unterstrich ihre Forderungen auch mit dem Verweis auf eine Stellungnahme, die im Zuge der Landeshauptleutekonferenz in Linz von den Landeshauptleuten zum Kunst- und Kulturland Österreich abgegeben wurde (607/A(E)). Um die Kulturlandschaft in Österreich langfristig zu sichern, solle dem Nationalrat so rasch wie möglich ein Maßnahmenpaket vorgelegt werden, das die in der Stellungnahme der Landeshauptleute vom 15. Mai 2020 aufgestellten Forderungen umfassend umsetzt, erklärte SPÖ-Kultursprecher Drozda. Dieser Antrag führte zu einer Debatte über die Rolle der Länder in der Kulturförderung. Für den Antrag stimmten letztlich nur SPÖ, FPÖ und NEOS, er blieb damit in der Minderheit. Staatssekretärin Andrea Mayer sah den Brief der Landeshauptleute als weiteres Zeichen dafür, dass Kunst und Kultur wichtige Verbündete für ihre Anliegen haben. Ihr Ressort und die Bundesregierung würden alles tun, um eine Öffnung des Kulturbetriebs und so weit wie möglich Planungssicherheit für den Sommer und in den Herbst hinein zu schaffen.

NEOS: Satellitenkonto Kultur bei Statistik Austria soll valide Daten für Kulturstrategie liefern

NEOS-Kultursprecher Josef Schellhorn kritisiert, dass das Kulturministerium über zu wenig Daten verfüge, um in der COVID-19-Krise schnell in den richtigen Bereichen zu helfen. Da im Kultursektor bis heute keine befüllte Transparenzdatenbank existiere, sei nicht nachvollziehbar, wo welche Förderungen landen und wie groß die Wertschöpfung der Branche tatsächlich sei, meint der Abgeordnete. Die Lösung sieht Schellhorn in der Beauftragung eines Satellitenkontos Kultur bei der Statistik Austria (563/A(E)). Damit wäre es seiner Ansicht nach möglich, kostengünstig jene Daten zu erheben, die für eine evidenzbasierte Kulturstrategie notwendig seien, betonte Schellhorn im Ausschuss.

Die Notwendigkeit einer besseren Datenlage wurde von allen Fraktionen gesehen. Abgeordnete Sibylle Hamann (Grüne) verwies darauf, dass das Regierungsprogramm die Schaffung eines Satellitenkontos für den gemeinnützigen Sektor vorsehe. Dieses werde auch Kunst und Kultur abdecken. Bis es Ergebnisse gebe, sei eine Vertagung des Antrags gerechtfertigt. Martin Engelberg (ÖVP) ergänzte, dass Vorarbeiten für die Datenerhebung bereits im Gange seien. Das Thema sei komplex, da etwa die Frage zu klären sei, wie der ehrenamtliche Bereich erfasst werden kann. Auch Ausschussobfrau Eva Blimlinger (Grüne) bestätigte, dass bereits intensive Überlegungen mit Fachleuten über die Erstellung einer solchen Datenbasis angestellt werden. Staatssekretärin Andrea Mayer versicherte, dass sie die Abgeordneten gerne laufend über die Fortschritte der Arbeiten am Satellitenkonto "Gemeinnützigkeit" informieren werde. Wichtig sei aber, zu unterstreichen, dass Kunst und Kultur Werte an sich darstellen und nicht auf die reine Wertschöpfung reduziert werden können. Sie werde daher aus gutem Grund von der öffentlichen Hand finanziert. (Schluss Kulturausschuss) sox

Quelle: APA-OTS
Photo by Peter Lewicki on Unsplash

Text: Pressedienst der Parlamentsdirektion – Parlamentskorrespondenz, 11. Jun. 2020

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